Heizen ist zurzeit ein heißes Thema. Einer, der sich damit bestens auskennt, ist Michael Stephan, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins altbau plus. Er erklärt, was aus seiner Sicht wichtig und sinnvoll ist, um künftig Alt- oder Neubauten mit Wärme zu versorgen.
Aachen hat viele schöne, auch ältere Häuser. Was gibt es nun mit Blick auf die Energiewende zu tun?
Es ist so, dass viele Häuser und Wohnungen in Aachen in einer Zeit gebaut wurden, in der Energie und Klima noch gar keine Themen waren. Vor 1975 zum Beispiel gab es überhaupt kein Bewusstsein dafür, Ressourcen zu schonen. Diese Häuser sind jetzt knapp 50 Jahre alt und davon gibt es knapp 50 Prozent in unserer Stadt. Wenn ein Haus ein Alter von 25 Jahren erreicht hat, braucht es meistens die erste Sanierung. Das ist nämlich der Zeitpunkt, an dem im Schnitt eine Heizung ihren Geist aufgibt. Die Gelegenheit kannst du nutzen, um die eigene Haustechnik zukunftsfest zu machen.
Warum ist es überhaupt nötig, neue Heizungen für die Zukunft zu haben?
Wir wissen, dass unsere Ressourcen, also zum Beispiel Gas und Kohle, zu Ende gehen können. Wir wissen auch: Treibhausgas ist nicht gut für unseren Globus. Und wir wohnen in Häusern mit einem großen Einfluss auf unsere Ressourcen und unseren CO2-Ausstoß. Mit einer alten Heizung in einem ungedämmten Haus können wir den Herausforderungen unserer Zeit nicht begegnen, sondern verschwenden zu viel Energie. Deswegen macht die Politik Gesetze und fördert Bauvorhaben. Die sollen dazu führen, zukünftig weniger verschwenderisch mit unseren begrenzten Ressourcen umzugehen. Dadurch wird es attraktiver, erneuerbare Energien zu nutzen.
So heizt Deutschland
Wie mache ich meine Heizung zukunftsfest?
Zum einen hast du die Möglichkeit, das Haus zu dämmen, um die erzeugte Wärme länger in den Räumen zu erhalten. Dämmen betrifft in der Regel das Dach und alle Fenster und Türen.
Dann würde ich dazu raten, über einen Wechsel der Heiztechnologie nachzudenken. Also die alte Gasheizung nicht einfach gegen eine neue zu tauschen, sondern umzusatteln. Zum Beispiel auf eine Wärmepumpe. Eine Wärmepumpe holt draußen vor der Tür Wärme aus der Luft oder dem Boden, selbst wenn Winter ist. Falls du dich für die Wärmepumpe entscheidest, solltest du auch überlegen, deine Heizflächen zu vergrößern. Eine Fußbodenheizung oder eine Wandheizung lassen sich mit dieser neuen Technologie gut kombinieren.
„Wenn nicht genug Geld für eine Heizungssanierung da ist, können auch Kompromisse helfen.“
Michael Stephan
Eine andere Möglichkeit ist die Fernwärme – ein Netzwerk aus Rohren mit heißem Wasser, das in Teilen der Stadt liegt. Diese Fernwärme kommt zum Beispiel aus Großkraftwerken oder sogenannten lokalen Blockheizkraftwerken. Sie ist also ohnehin schon da. Für welche Heiztechnologie du dich entscheidest, hängt immer mit dem Zustand des Hauses zusammen. Ein Experte kann berechnen, welche Methode im Einzelfall Sinn ergibt.
Wenn Wärmepumpen mit Strom laufen, ist das dann wirklich nachhaltiger und günstiger?
Ja, Wärmepumpen brauchen Strom. Das Gute an ihnen ist aber, dass sie bis zu viermal mehr Wärmeenergie produzieren, als elektrische Energie reingesteckt wird. Und wenn du den Strom sogar selbst erzeugen kannst, stehst du ziemlich gut da. Das geht zum Beispiel durch Photovoltaik auf dem eigenen Dach. Aber auch, wenn der Strom aus anderen erneuerbaren Energien, zum Beispiel der Windkraft, kommt, ist er nachhaltig. Gut zu wissen: Der Strommix in Deutschland wird sich in der nächsten Zeit so entwickeln, dass er immer grüner wird.
Wohnungen in Aachen
Was ist, wenn nicht genug Geld da ist, sich den Umbau zu leisten?
Dann ist es trotzdem möglich, einen ersten Schritt in die richtige Richtung zu machen. Das kann zum Beispiel ein Kompromiss sein. Wenn das Haus nicht gut genug gedämmt und die Heizflächen nicht wirklich groß sind und trotzdem eine Wärmepumpe in Betracht kommt, kann an besonders kalten Tagen zusätzlich mit der alten Gastherme nachgeheizt werden. Das ist eine Hybridlösung fürs Heizen. Was genau ein sinnvoller erster Schritt für dein Haus sein kann, kann am besten eine Fachkraft herausfinden.
Was ist eigentlich mit anderen Wärmequellen?
In großen Teilen der Innenstadt ist Fernwärme eine ideale Lösung. Denn dort sind die Häuser größer und brauchen dadurch mehr Energie. Da ist auch gar nicht genug Platz für all die Wärmepumpen. Gerade die Gründerzeithäuser, die unter Denkmalschutz stehen, sind schwer zu dämmen. Mit Fernwärme erzeugt man nicht nur Wärme für die eigenen vier Wände, sondern bedient sich an einem bestehenden Netz, das immer weiter ausgebaut wird. Auch Nahwärme von zentralen Blockheizkraftwerken oder eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, die in der Nachbarschaft steht, sind eine gute Idee. Das spart die Emissionen, denn Schornsteine brauchen wir auf unseren Häusern dann nicht mehr.
Michael Stephan, Geschäftsführer bei altbau plus e. V., findet, dass es Zeit wird, das Thema Wärme neu zu denken.
Warum, beschreibt er dir anhand der Geschichte des Heizens:
Welche Ziele der Stadt und der Städteregion gibt es?
Aachen hat sich, wie viele andere Städte auch, ein großes Klimaziel gesetzt. Es heißt: Wir wollen bis 2030 klimaneutral sein. Deswegen fördert die Stadt Bau- und Sanierungsprojekte, die dazu beitragen, das Ziel zu erreichen. Dazu gehören Förderprogramme zum Beispiel für Photovoltaik und Solarthermie und für die Begrünung von Fassaden und Dächern. Das Förderprogramm für Photovoltaik und Solarthermie hat sich schon gelohnt: 2022 und 2023 hat die Stadt Aachen Anträge für mehr PV-Anlagen genehmigt, als in den letzten 30 Jahren gebaut wurden.
Eine Herausforderung für Aachen ist, dass jedes Gebäude, das neu errichtet wird, „klimafit“ sein sollte. Klimafit heißt, dass die Bilanz klimaneutral ist. Die verwendete Energie darf kein CO2 ausstoßen, und im besten Fall sollte das Haus mehr Energie produzieren, als es benötigt.
Was denkst du: Wie sieht Aachen im Jahr 2030 aus?
Ich sehe eine Stadt ohne Schornsteine. Jeder von uns hat dann eine neue Möglichkeit gefunden, zu heizen. Weil wir kein Dach ungenutzt lassen, spiegelt sich in den Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen das Sonnenlicht. Denn die Sonne können wir nicht aufbrauchen. Sie ist jeden Tag neu da.
altbau plus e. V.
Der gemeinnützige Verein berät seit 2004 Hauseigentümer:innen und Mieter:innen zu Themen der Sanierung und Modernisierung von Wohngebäuden. Die Beratung von altbau plus ist kostenlos und unabhängig. Sie versteht sich als Erstberatung und gibt einen Überblick und grundsätzliche Informationen.
www.altbauplus.info