Georg Grünewald sammelt jeden Tag Wasser ein. Dank seiner Proben können sich alle in Aachen sicher sein, gutes Trinkwasser zu bekommen.
Georg, du bist heute mit dem Boot auf dem Rursee unterwegs. Was tust du hier?
Ich hole mehrere Wasserproben aus unterschiedlichen Tiefen aus dem See. Dann fahre ich die ins Labor, wo die Kollegen untersuchen, wie die Qualität des Wassers ist. Das hier ist der Obersee der Rurtalsperre. Wir von der STAWAG nutzen dieses Wasser zuerst, um sauberen Strom aus Wasserkraft zu gewinnen. Danach filtern wir es und machen daraus Trinkwasser für Aachen. Meine Kollegen und ich nehmen jedes Jahr 15.000 Wasserproben, natürlich nicht nur aus dem Rursee. Ich bin auf Baustellen, im Leitungsnetz, in Wasserwerken, an zufließenden Bächen, Wasserspeichern – ich komme jeden Tag ganz schön rum. Das Labor macht dann mit dem gesammelten Wasser ungefähr 150.000 Untersuchungen jedes Jahr.
Worauf wird das Wasser untersucht?
Kommt immer darauf an, wann und wo wir etwas entnehmen: auf den Gehalt verschiedener Metalle wie Eisen oder Mangan, auf Bakterien, ob das Wasser sauer ist, wie hart es ist, auf Algen und Rückstände aus der Landwirtschaft von Düngern oder Pflanzenschutzmitteln – die Liste ist ellenlang. Wir testen über das Jahr mehrfach auf rund 150.000 Werte. Heute schauen wir unter anderem, ob durchfallverursachende Parasiten im Rohwasser sind.

„Bei der Probenahme halten alle brav die Klappe.“
Georg Grünewald
Rohwasser?
Rohwasser nennen wir Wasser in seinem Urzustand, also bevor wir es filtern und es zu Trinkwasser wird. Zum Beispiel das Wasser, das sich hier im Rursee sammelt.
Wenn das Rohwasser später eh gefiltert wird: Warum kontrollierst du es vorher so gründlich?
Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Außerdem wollen wir natürlich wissen, in welchem Zustand unser Rohwasser ist. Wenn wir eine Verunreinigung feststellen – was alle paar Jahre mal vorkommt –, können wir reagieren: Wachsen zum Beispiel auffällig viele Algen an der Wasseroberfläche, dann machen wir eine Weile lang nur aus den tieferen Schichten Trinkwasser. Und wenn wir ungewöhnlich viele Coli-Darmbakterien finden, fängt eine richtige Detektivarbeit an.
Aha, wonach suchst du dann?
Wenn sich plötzlich sehr viele dieser Bakterien im See tummeln, deutet das darauf hin, dass irgendwo ein Abwasserkanal beschädigt ist und in einen Zufluss zum See leckt. Dann untersuchen wir alle Zuflüsse der Talsperre und kommen so Schritt um Schritt der Ursache näher, so dass der Schaden behoben werden kann.
„Wir Wassermenschen sind schon ein besonderes Völkchen.“
Georg Grünewald

Nimmst du auch aus dem Trinkwasser Proben?
Na klar, sehr oft sogar, denn da kommt es ja drauf an. Da ist aber so gut wie nie was zu beanstanden. Wir haben hier für Aachen moderne Filteranlagen, deren Poren sind 0,00002 Millimeter im Durchmesser – vier Nullen nach dem Komma! Da kommt nichts durch, nicht mal ein winziges Virus. Ich bin jetzt seit 25 Jahren dabei und hab nur zweimal erlebt, dass es Probleme im Trinkwassernetz gab. Die konnten wir aber rasch durch einfache Maßnahmen beheben, so dass überhaupt keine Gefahr bestand.
Jetzt rückst du ja Tag für Tag mit deinen Glasflaschen und Gerätschaften aus und sammelst Wasser. Und dann findest du so gut wie nie was. Wird man da nicht irgendwann nachlässig?
Nein! Wir Wassermenschen – die Probennehmer und die Leute im Labor – sind schon ein besonderes Völkchen. Wir haben sozusagen Wasser im Blut: Ich liebe, was ich tue. Und ich weiß, ich habe eine große Verantwortung für alle Menschen in Aachen. Klar könnte ich sagen, es kommt hier ja eh immer derselbe pH-Wert raus, also muss man da jetzt nicht so genau hinschauen. Aber was ist, wenn irgendwo giftige Chemikalien unbemerkt ins Wasser geraten, etwa durch einen Fabrikunfall? Dann müssen die Leute sich doch auf uns verlassen können, dass wir das merken und schnell handeln. Und außerdem trink ich das Wasser ja auch selber. (lacht)
Trotzdem stell ich es mir schwierig vor, immer so gründlich zu arbeiten.
Weißt du, wir planen alles immer sehr genau, damit wir nie in Hektik kommen. Denn wenn es hektisch wird, passieren Fehler. Und wenn wir bei der Probenahme Fehler machen, kommt auch im Labor etwas Falsches raus. Wir müssen Ruhe haben und mit allen Sinnen bei der Sache sein. Zum Beispiel darf nie auch nur ein Spucketröpfchen ins Probewasser fliegen. Deshalb halten wir bei der Probenahme auch immer alle brav die Klappe. (lacht)

Kennst du ein Aachener Wassergeheimnis, das du uns erzählen magst?
Aber klar. Manche Aachener Haushalte bekommen ihr Wasser aus dem Grundwasser, andere aus den Talsperren. Und ich habe herausgefunden: Kaffee schmeckt super mit Grundwasser, Tee besser mit Talsperrenwasser. Also wenn du innerhalb Aachens umziehst, denk auch mal drüber nach, ob du lieber Kaffee oder Tee trinkst.
Man merkt, du beschäftigst dich gern mit Wasser.
Ich wohne sogar in einem Wasserwerk.
Du veräppelst mich!
Nein, ernsthaft. Ich wohne im ehemaligen Betriebshäuschen von Brandenburg, das ist Aachens zweitältestes Wasserwerk. In der Halle nebenan steht noch eine riesige ausrangierte Dampffördermaschine. Ich sage immer: Ein Bergmann muss nah am Schacht wohnen. Und ich wohne eben im Wasserwerk. Da kommt noch Wasser aus 80 Metern Tiefe, nicht weit von meiner Haustür. Das kann man bedenkenlos trinken – das habe ich ja schließlich selbst überprüft. Und es schmeckt vorzüglich.
Hier kommt Aachens Wasser her
Die Aachener:innen trinken Wasser, das aus unterschiedlichen Quellen kommt. In der Stadt und drum herum gibt es sechs Grundwasserwerke, an denen Wasser aus der Erde gepumpt wird. Das reicht aber nicht für alle. Deshalb hat man nach und nach in der Eifel mehrere Talsperren gebaut, die Flüsse stauen. Aus diesen Stauseen kommt der größte Teil des Aachener Trinkwassers.
