Im Aachener Wiesental wird gerade ein besonderes Haus gebaut. Hier leben ab dem Sommer viele verschiedene Menschen unter einem Dach: Junge, Alte, Singles, Paare und Familien.
Mattis Müller ist acht Jahre alt. Bald wohnt er zusammen mit seiner Familie und Ulla Stiesberg in einem gemeinsamen Haus. Ulla ist fast 80 und sie ist nicht Mattis’ Oma. Aber wenn alles nach Plan läuft, dann spielt Verwandtschaft im Haus im Wiesental sowieso keine Rolle. 36 Menschen haben sich dazu entschieden, ab diesem Sommer unter einem Dach zu leben.
Es sind Alleinstehende, Familien mit Kindern, Paare, ältere und jüngere Menschen. Jede Partei hat eine eigene Wohnung mit Balkon oder Terrasse. Und es gibt auch jede Menge Platz für das gesellige Zusammentreffen: Im großen Garten, auf der Dachterrasse und im Gemeinschaftsraum ist jederzeit ein spontaner Kaffeeplausch oder auch ein Fest für alle möglich. Von allen zusammen werden auch die Waschküche, der Werkraum und der Fahrradkeller genutzt.

„Ich freue mich auf den großen Garten und die anderen Kinder.“
Mattis Müller
„Es macht mich glücklich, unsere Vorstellungen von nachhaltigem Wohnen und Leben bei diesem Projekt umzusetzen.“
Verena Dannapfel

Das Wohnprojekt Wiesental ist ein sogenanntes Mehrgenerationenhaus. Die Idee, dass Menschen über alle Altersstufen hinweg gemeinsam unter einem Dach wohnen, gibt es schon lange. Ein Vorreiter für diese Idee ist Schweden. Aber auch in Deutschland finden sich immer mehr Menschen, die näher zusammenrücken. Sie möchten nicht mehr einsam sein, sie wollen neue Menschen kennenlernen, voneinander lernen und aufeinander achtgeben. Das Projekt „Miteinander im Wiesental“ haben Alexa Bittner und Wilfried Fischer 2014 angestoßen. „Wir waren damals auf Wohnungssuche und sind dann auf die Idee gekommen, ein Wohnprojekt aufzubauen“, erzählt Alexa. Das Grundstück für das Haus stellte die Stadt Aachen per Erbbaurecht zur Verfügung. Schnell waren weitere Menschen gefunden, die das Wiesental zu ihrer neuen Heimat machen wollten.

„Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen und gerne mit anderen zusammen.“
Alexa Bittner
„Ich finde es gut, dass Juri in einer Gemeinschaft mit unterschiedlichen Lebensvorstellungen aufwächst.“
Michael Köberlein mit Maren und Juri

Bald wohnt auch Verena Dannapfel mit ihrer Familie im großen Haus im Wiesental. Sie ist als Bauingenieurin mit ihrem Wissen ein echter Glücksfall für die anderen. Denn beim Bau des fünfgeschossigen Hauses gab es viele Entscheidungen zu treffen. „Uns war es wichtig, nachhaltig und ökologisch zu bauen“, erzählt sie. Und sie hat ihre zukünftigen Mitbewohner:innen überzeugt. Nach einem Architekturwettbewerb stand dann im Mai 2020 der Plan für das Haus: Es wird durch eine Sole-Wasser-Wärmepumpe beheizt. Zusätzlich sorgt eine Photovoltaikanlage auf dem begrünten Dach für die hauseigene Energie.

„Ich freue mich auf unseren Gemeinschaftsraum. Wer sich dort aufhält, ist kontaktoffen. Das macht das Zusammentreffen unkompliziert.“
Meike Düppers
„Ich möchte im Wiesental die Gemeinschaft, die Kinder und die Spaziergänge an der Wurm genießen.“
Ulla Stiesberg

Schon nach kurzer Zeit waren alle 16 Wohnungen vergeben. Sie haben unterschiedliche Größen zwischen 47 und 133 Quadratmetern. Ulla sagt: „Wir haben bei der Auswahl der Mitbewohner:innen darauf geachtet, dass wir zueinander passen, und es ist eine schöne bunte Mischung zusammengekommen.“ Kennengelernt haben sich die Hausbewohner schon während der Bauzeit bei mehreren Gelegenheiten. Und alle freuen sich auf den Einzug. Auch Mattis. Er sagt: „Unsere Wohnung ist etwas kleiner als vorher. Aber so viel Platz brauchen wir sowieso nicht. Dafür haben wir einen Garten. Auf den freue mich genauso wie auf die anderen Kinder. Und auf schnelles Internet.“
Das Wohnprojekt Miteinander im Wiesental
Gebaut und dann betrieben wird das Projekt „Miteinander im Wiesental“ in der Geschäftsform einer Genossenschaft — der Ko-Operativ eG NRW. Alle Bewohner sind Mieter der Genossenschaft und „kaufen“ damit Nutzungsanteile.
Um das Projekt zu starten, mussten die künftigen Bewohner:innen zunächst eine Million Euro aufbringen. Weitere vier Millionen bekamen sie mit Hilfe sozialer Wohnraumförderung, eines Kredits für energieeffizientes Bauen und eines Darlehens der Hausbank. Sollten
sie ausziehen, wird ihnen ihr Nutzungsanteil wieder zurückgezahlt.
40 Prozent der Wohnfläche sind reserviert für Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS). Damit können sich auch Mieter:innen eine Wohnung im Wiesental leisten, die nicht über so viel Geld verfügen.
Mehr Infos:
www.miteinander-im-wiesental.de
www.aachen.de
1 Kommentar
Gut gemacht, informativ und zugleich unterhaltsam. Gut dass die künftigen Bewohner statt durch Fotos durch Zeichnungen repräsentiert werden